Ruedi Graf
03.10.2018 / 6 Minuten Lesezeit

Mitarbeiter-KVP – Honorierung notwendig?

Wir beschäftigen uns im Rahmen von unseren Seminaren und in Projekten mit der Einführung des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses von Mitarbeitern (kurz Mitarbeiter-KVP). Dabei ist es immer wieder ein Thema, ob die Vorschläge der Mitarbeiter honoriert werden sollen bzw. müssen. Gerade Lean-Verantwortliche und Führungskräfte sind sich in dieser Frage oft unsicher oder auch gegensätzlicher Meinung. Häufig entsteht auch die Erwartungshaltung, dass eingereichte Vorschläge entsprechend ihrer Einsparpotentiale mit Geldbeträgen abgegolten werden müssen.

Mitarbeiter-KVP ist die Plattform für kleinere Verbesserungen im Alltag

Es gibt unterschiedliche Verbesserungsplattformen, welche in Unternehmen zur Verfügung stehen. Die wesentlichen vier Plattformen sind:

  • Mitarbeiter-KVP – für kleinere Verbesserungen im Alltag.
  • Workshop – zur Lösung von Problemen mittlerer Grösse im Team.
  • 16-Wochen-Projekt – bestehend aus mehreren Workshops für grössere Veränderungen.
  • Shopfloor Management – für die gezielte Entwicklung von Personen anhand eines konkreten Problems.

Wie Sie aus obenstehender Kurzbeschreibung entnehmen, ist der Mitarbeiter-KVP dafür da, kleinere Verbesserungen, welche die Mitarbeiter in ihrer täglichen Arbeit erkennen können, umzusetzen. Es geht bei diesen Verbesserungen um ganz alltägliche Dinge, welche mit kleineren und manchmal auch grösseren Ideen umgesetzt werden können.

Bei Workshops und Projekten geht es darum, mittlere und grössere Probleme in einem Team anzugehen. Beim Shopfloor Management ist der Auslöser für die Verbesserung die Abweichung von einem Ziel, was uns zwingt, den entsprechenden Problemlösungsprozess fokussiert auf diese Abweichung anzuwenden. Wir können auch sagen, dass der Mitarbeiter-KVP von vielen kleinen Ideen lebt, welche oft per Zufall von Mitarbeitern erkannt und dann rasch umgesetzt werden. Ich kenne Unternehmen, welche pro Jahr mehrere tausend Verbesserungen umsetzen und das mit einigen wenigen hundert Mitarbeitern.

Ablauf eines funktionierenden Mitarbeiter-KVP

Der Mitarbeiter-KVP soll darum so organisiert sein, dass Ideen über den «kleinen Dienstweg» eingebracht werden können. Das heisst, es soll jeder Mitarbeiter mit ganz wenig Aufwand seinen Verbesserungsvorschlag beschreiben und diesen an einem Board in der Abteilung sichtbar einreichen können. Wöchentlich werden innerhalb der Abteilung diese Vorschläge geprüft und wenn sinnvoll eine verantwortliche Person bestimmt, welche für eine schnelle Umsetzung sorgt.

Mitarbeiter-KVP ist Tagesgeschäft jedes Einzelnen

Der Mitarbeiter-KVP basiert also aus vielen kleinen Ideen, welche möglichst alle Mitarbeiter während ihrer täglichen Arbeit haben. Das heisst auch, diese Ideen werden während der Arbeitszeit entwickelt und diese ist ja bekanntlich über den Lohn bereits bezahlt. Es wird also nicht erwartet, dass die Mitarbeiter in ihrer Freizeit Optimierungen überlegen und diese dann zur Arbeit mitbringen.

Honorierung maximal in kleinen Beträgen und nur an Teams

Wenn trotzdem honoriert wird, dann sollte man sich an folgende Punkte halten:

  • Kein Komitee gründen, das in stundenlanger Arbeit den Wert eines Vorschlags berechnet -> das kostet oft mehr als der Vorschlag bringt.
  • Pauschalbeträge an Teams auszahlen und keine Einzelpersonen belohnen.
  • Nur kleine Beträge in die Teamkasse ausrichten (z.B. 10 CHF pro umgesetzten Vorschlag).
  • Mit den Beträgen soll das Team eine gemeinsame Aktion durchführen (z.B. Pizza essen oder ein Ausflug).

Was aber nie vergessen werden darf: Die Ideen sind von den Vorgesetzten entsprechend wertzuschätzen, den Mitarbeitern soll für gute Vorschläge gedankt und die erfolgreiche Umsetzung soll zelebriert werden.

Wichtig ist auch zu erkennen, dass bei mehreren hundert Vorschlägen pro Jahr durchaus der eine oder andere Verbesserungsvorschlag «nichts wert» ist. Wenn Sie aber nun versuchen, diese «Nieten» auszufiltern, führt das oft dazu, dass auch gute Vorschläge nicht mehr eingebracht werden. Die Masse an Vorschlägen bringt also durchaus eine hohe Trefferquote und den entsprechenden Erfolg.

Wie misst man den Erfolg des einzelnen Verbesserungsvorschlages?

Ein anderes Thema ist sicher auch die Erfolgsmessung der eingebrachten Vorschläge. Zu diesem Thema möchte ich Ihnen eine kleine Anekdote aus meinen Anfängen mit Lean Management weitergeben. 2004 hatte ich die Gelegenheit in Japan auf einer Lean-Reise den CEO des Sensorherstellers Yamatake zu treffen. Im Rahmen eines Workshops hatten wir ihn gefragt, wie die Firma den Erfolg der Mitarbeiterverbesserungen ihrer 7000 Angestellten messen würde. Der CEO hat uns zuerst ungläubig angeschaut und so getan, als würde er uns nicht verstehen. Wir haben die Frage wiederholt und er hat immer noch ungläubig zu uns geschaut. Nach einer weiteren Wiederholung der Frage hat er geantwortet: «Wissen Sie, was dieses Messen ist? – Verschwendung! Setzen Sie Ihre Zeit lieber für weitere Verbesserungen ein, anstatt zu messen, was all die kleinen Verbesserungen gebracht haben.» Anschliessend ergänzte er: «Noch schlimmer wird es ja dann noch, wenn Sie feststellen, dass eine Idee einmal nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat. Dann diskutieren Sie nachher noch stundenlang darüber, warum es nichts gebracht hat – alles reine Verschwendung!»

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung von vielen kleinen Verbesserungen – ohne Messung und höchstens mit geringer Honorierung, dafür mit viel Wertschätzung.

Was sind Ihre Erfahrungen mit dem Mitarbeiter-KVP? Ich bin gespannt auf Ihre Reaktion in diesem Blog.

Kommentieren

Der Anbieter erhebt vom Nutzer E-Mailadresse sowie eine Nachricht (Kommentar). Der Anbieter erhebt die Daten ausschliesslich zur Ermöglichung des Kommentars. Die Daten werden auf dem Server von NovaTrend Services GmbH gespeichert und nicht an Drittpersonen weitergegeben oder für andere Zwecke verwendet. Mit dem Ausfüllen des Formulars akzeptieren Sie die Nutzungsbedingungen.

Ruedi Graf - 23.10.2018
Grüezi Herr Kolevski Vielen Dank für Ihre interessanten Ergänzungen zu meinem Blogbeitrag. Wertschätzung von Vorgesetzten ihren Mitarbeiter gegenüber ist sicherlich der richtige Weg. Und Sie haben recht, dies geschieht im Alltag noch viel zu wenig. In diesem Sinne unterstütze ich Ihren Aufruf an alle Führungskräfte sehr! Herzliche Grüsse Ruedi Graf
Nikola Kolevski - 23.10.2018
Zunächst einmal, super Beitrag von Herrn Graf. Ich bin ebenfalls überzeugt, dass das Messen von Verbesserungsvorschläge absolute Zeitverschwendung ist. Dazu kommt, dass getätigte Verbesserungen möglicherweise auch nur von einer bestimmten Dauer anhalten dies kann wiederum von vielen Faktoren im Laufe der Zeit beeinflusst werden. Mittels "Shopfloor Management" kann man dem entgegenwirken, wie bereits im Artikel erwähnt, Abweichungen erkennen und dementsprechende Massnahmen ergreifen. Da die besten Ideen und Verbesserungsvorschläge vielfach in der Freizeit entstehen, sollte man versuchen den KVP-Gedanken, als Teil der Unternehmensphilosophie zu machen. In den Mitarbeiter-Beurteilungen können Ideen durch den Vorgesetzten vermerkt werden, was sich wiederum positiv auf die Motivation des Mitarbeiters und dessen Lohngesprächs auswirken kann. Die Honorierung von einzelnen KVP-Ideen sollte man ausser Acht lassen. Wenn jemand nur des Geldes wegen eine Vielzahl an Ideen einreicht, dann hat er das Prinzip nicht verstanden und wird es auch nie verstehen. Auf solche Mitarbeiter kann man verzichten. Den Vorschlag mit den Pauschalbeträgen an gesamte Teams, finde ich hingegen interessant. In Produktionsbetrieben entstehen die meisten Ideen von "einfachen Mitarbeiter". Solche Mitarbeiter verdienen einen angemessene Grundlohn, Respekt und Wertschätzung. Man muss auch den Leuten zeigen das sie wichtig für das bestehen des Unternehmens sind. Leider wird dies in vielen Unternehmen zu wenig oder gar nicht praktiziert. Eigentlich ja schade, wenn man bedenkt welches Potenzial dahinter stecken kann. In diesem Sinne einen lieben Gruss an alle Leute mit Führungsfunktionen : "work smarter not harder"