Bei meinem Kunden wird klar die Auffassung vertreten, dass ein Teamleiter zu 80% wertschöpfend tätig sein sollte, d.h. dass er in der mechanischen Fertigung während 80% seiner Zeit Dreh-, Fräs- und Schleifmaschinen laufen lässt und 20% seiner Zeit in Führungsaufgaben investiert.
Meiner Meinung nach ist das nicht sinnvoll. Ein Teamleiter hat die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sein Team Höchstleistungen vollbringt. Das gelingt nur, wenn er seine Führungsaufgaben wahrnehmen kann, was aber nicht möglich ist, wenn er den Hauptteil seiner Zeit selber an der Maschine steht. Es ist für mich in Ordnung, wenn ein Teamleiter im äussersten Notfall an einer Engpassmaschine einspringt, aber es muss die Ausnahme bleiben, denn sonst bleiben die Führungsaufgaben auf der Strecke.
Was beinhalten die Führungsaufgaben, speziell im Maschinenumfeld? Ich zähle dazu folgende Hauptaufgaben:
Grundlagen bilden die Qualifikationsmatrix sowie die Kenntnis darüber, welches die «kritischen» Maschinen und Anlagen sind. Ziel muss sein, dass an jeder «kritischen» Anlage (pro Schicht) mindestens vier Mitarbeiter ausgebildet sind. Damit kann einer in den Ferien sein und einer krank sein und es stehen immer noch zwei Mitarbeiter zur Verfügung.
Nebst der Absicherung von «kritischen» Maschinen geht es aber auch darum, dafür zu sorgen, dass polyvalente Mitarbeiter fähig sind, Mehrmaschinenbedienung effizient zu betreiben.
Das ist nicht von heute auf morgen zu erreichen, sondern erfordert einen Ausbildungsplan, der konsequent durchgezogen wird. Einmal ausgebildet, muss mit der Einsatzplanung dafür gesorgt werden, dass die Kenntnisse auch regelmässig angewendet werden können.
Kundenreklamationen oder intern festgestellte Qualitätsmängel bilden gute Ausbildungsthemen. Dabei ist folgende Frage zu beantworten: «Was müssen wir tun, damit wir diesen Fehler zukünftig nicht mehr machen?»
Das macht niemand gern, ist aber eine Kernaufgabe jedes Teamleiters. Es beginnt mit dem Tragen der persönlichen Schutzausrüstung (Sicherheitsschuhe, Schutzbrille, usw.), geht über Ordnung und Sauberkeit am Arbeitsplatz, der definierten Schichtübergabe und endet mit dem Messen und Prüfen von produzierten Teilen gemäss Vorgabe.
Falls Standard fehlen, sind solche zuerst zu etablieren. Oft liegt diesbezüglich viel Potential in den Rüstprozessen. Sind diese standardisiert? Gibt es eine Checkliste? Wird mit der Checkliste gearbeitet? Auch in Bezug auf Reinigung und Inspektion der Maschine im Rahmen der autonomen Instandhaltung herrscht oft Handlungsbedarf.
Qualitätskontrollen gehören ebenfalls zu den Aufgaben. Selbstverständlich ist jeder Mitarbeiter selber für die Qualität seiner Arbeit verantwortlich, aber der Teamleiter darf und soll regelmässig prüfen, ob ein produziertes Teil den Qualitätsanforderungen entspricht. Dazu gehört auch die richtige Handhabung von Mess- und Prüfmitteln.
Standards sind sehr effizient, haben aber die Eigenschaft, dass sie mit der Zeit «versanden», falls sie nicht regelmässig überprüft – sprich auditiert – werden.
Diese kommen erfahrungsgemäss immer zu kurz, wenn nicht gezielt dafür Zeit freigehalten wird. Sie bilden aber immer ein grenzenloses Optimierungspotential.
Der Trend geht zu kürzeren Durchlaufzeiten und kleineren Losgrössen. Dies zwingt in gleichem Mass zu kürzere Rüstzeiten, um wirtschaftlich bleiben zu können. Rüstzeiten reduzieren sich nicht von selber, sondern müssen systematisch zusammen mit den Maschinenbedienern erarbeitet, umgesetzt und durchgesetzt werden.
Können die Laufzeiten durch den Einsatz von anderen Werkzeugen reduziert werden? Ist die NC-Programmierung optimal gelöst? Oder lohnt sich die Investition in eine Vorrichtung, damit ein Produkt auf einer Maschinen komplett bearbeitet werden kann und nicht über zwei Maschinen laufen muss? Wie muss und kann die Prozesssicherheit verbessert werden, damit eine Maschine ohne Risiko mannlos ins Wochenende hinein laufen kann?
Um sich solche Gedanken machen zu können und entsprechende Verbesserungen umzusetzen, muss sich ein Teamleiter intensiv mit der Problemstellung befassen können. Es benötigt Präsenz vor Ort, technische Kenntnisse und auch die Fähigkeit, mit anderen zu kommunizieren und das Wissen, wo bei Bedarf Hilfe und Unterstützung zu finden sind.
Die primäre Aufgabe der Mitarbeiter ist es, qualitativ hochwertige Produkte effizient herzustellen, die dabei definierten Standards einzuhalten und bei Problemen die «Reissleine» zu ziehen, d.h. den Teamleiter beizuziehen. Es ist meiner Meinung nach nicht ihre Kernaufgabe, Probleme selber zu lösen. Dafür ist der Teamleiter zuständig. Natürlich sind Ideen seitens der Mitarbeiter dabei höchst willkommen.
Die Einsatzplanung stellt einerseits sicher, dass Engpassmaschinen immer besetzt sind und andererseits, dass polyvalente und flexible Mitarbeiter regelmässig ihre Kenntnisse auffrischen und erweitern können. Damit bleibt ihre Arbeit abwechslungsreich und interessant.
Sie sorgt auch dafür, dass eher unangenehme Arbeiten «gerecht» unter den Mitarbeitern verteilt werden und die Mitarbeiter gemäss ihren Fähigkeiten optimal eingesetzt werden.
Alle diese Aufgaben sind nicht nebenbei zu erledigen, sondern lasten einen Teamleiter voll aus. Werden sie aber systematisch getan, dann steigt die Produktivität des Teams kontinuierlich an. Werden sie nicht getan, dann sorgt auch Shopfloor Management nur dafür, dass Transparenz herrscht und die Kommunikation verbessert wird, nicht jedoch, dass sich die Kennzahlen mittelfristig und langfristig verbessern.
Was ist Ihre Meinung zu diesem Thema? Wieviel Wertschöpfung erwarten Sie von Ihren Teamleitern? Falls Sie selber Teamleiter sind, wie oft kommen Sie dazu, die wichtigen Aufgaben wahrzunehmen?
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