Ruedi Graf
22.03.2018 / 7 Minuten Lesezeit

Alles wird agil – was steckt dahinter?

Agile Methoden sind stark im Kommen und viele Seminare und Veranstaltungen werden mit dem Schlagwort agil angereichert. Was bis vor wenigen Jahren ausschliesslich in der Softwareentwicklung ein Thema war, wird mehr und mehr auch in der klassischen Produktentwicklung zum Thema und es macht sicher Sinn, zu verstehen, was hinter diesem Begriff und seiner Vorgehensweise steckt.

Trends und Herausforderungen in der heutigen Produktentwicklung

Sehr viele Branchen sind weiterhin stark im Wandel. Es sind einige Herausforderungen zu meistern, welche teilweise bereits länger bestehen, aber auch solche, welche zunehmend an Bedeutung gewinnen. Es sind dies vor allem:

  • Starke Kundenorientierung, Individualisierung -> gerade im Kontext mit Industrie 4.0 ist dies von zunehmender Wichtigkeit
  • Hoher Innovationsdruck, kurze Innovationszyklen -> es gibt fast keine Branche mehr, in der die Produktlebenszyklen nicht abnehmen und so sind alle gefordert, schneller mit neuen Produkten auf den Markt zu kommen
  • Steigende Komplexität (Technologien, Produktentwicklung, Produktionsverfahren) -> diese nimmt stetig zu und es wird immer schwieriger, die Komplexität zu beherrschen

Diese Herausforderungen führen dazu, dass sich die Ziele der Produktentwicklung an diesen Faktoren orientieren müssen:

  • Verstärkte Orientierung am Kundennutzen
  • Schlanke und flexible Prozesse
  • Flexibel bezüglich Änderungen

Vor allem der letzte Punkt stellt hohe Anforderungen an einen effizienten und effektiven Produktentstehungsprozess. Sicherlich ist es ein entscheidender Vorteil, die Durchlaufzeit massiv zu reduzieren (schlanke Prozesse) und den Kundennutzen in den Vordergrund zu rücken. Wenn es aber darum geht, neue und innovative Produkte auf den Markt zu bringen, sind Änderungen während einem laufenden Projekt nicht immer zu vermeiden. Es ist daher entscheidend, wann wir Änderungen erkennen und wie wir damit umgehen.

Gerade auf diesen Punkt legen agile Methoden ihren Fokus. Unter agil verstehen wir flink und beweglich und das ist vor allem im Umgang mit sich ändernden Kundenanforderungen entscheidend. Kürzere Zyklen unter Einbezug des Kunden sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor dieser Methoden.

Die Entstehung agiler Methoden

Agile Methoden sind in den 1990er Jahren im Softwareumfeld entstanden. Zu Beginn bildeten sie eine Gegenbewegung zu den schwergewichtigen und starren Entwicklungsprozessen, welche bis dahin angewandt wurden. Das «Agile Manifest» im Jahre 2001, welches von bedeutenden Beratern und Entwicklern postuliert wurde, bildete den eigentlichen Auftakt. Das Manifest besteht aus zwölf Prinzipien, welche den Fokus auf Softwareentwicklung haben. Lesen Sie das gesamte Manifest.

Scrum und Kanban – zwei agile Umsetzungsmethoden

Mit über 50 % Anteil ist Scrum sicherlich die am meisten angewendete agile Methode und wurde am häufigsten in Lehrbüchern beschrieben. Bei dieser ist die Vorgehensweise sehr reglementiert, was Rollen, Begriffe und Dauer (immer fix) betrifft.

Quelle: Seminar VDI Wissensforum, Agile Methoden für klassische Projektleiter, Martin Riebl

Bei Scrum sind die Sprints über die ganze Projektdauer immer fix und das Ziel ist es, nach jedem dieser Sprints ein lieferbares Produkt zu haben. Gerade diese Fixierung auf feste Sprintdauer und lieferbare Produkte machen es ausserhalb klassischer Software-Projekte schwierig, diese Methode konsequent anzuwenden. Dieser Umstand führt dazu, dass sich aus meiner Erfahrung die Kanban-Methode ausserhalb der reinen Softwareentwicklung eher zur Anwendung eignet. Diese ist weniger reglementiert und lehnt sich sehr stark an die Methoden des Lean Managements an.

Die Ziele in der Anwendung lauten:

  • Reduziere die Bestände und begrenze die Menge angefangener Arbeit
  • Miss und steuere den Fluss
  • Visualisiere den Fluss der Arbeit
  • Verbessere den Prozess kontinuierlich

Der Fokus liegt generell auf dem Durchsatz und nicht auf der Auslastung.

Mehr Details zu dieser Methode finden Sie auch in einem meiner früheren Blogbeiträge.

Beide Methoden haben eine sehr starke Visualisierung, welche die Unterstützung bietet, damit die Methode konsequent umgesetzt wird. Zudem ist es zwingend notwendig, dass schädliches Multitasking verringert wird.

Agile Methoden sind in ihrem Grundsatz einfach – die konsequente Anwendung dagegen erfordert einen hohen Einsatz der Beteiligten.

Fazit

Agile Methoden sind hilfreiche Vorgehensweisen, wenn wir sie richtig anwenden. Dafür müssen wir sie kennen und unsere eigenen Erfahrungen damit machen. Wichtig ist dabei, dass wir die richtige Methode für unser Geschäftsmodell aussuchen und diese dann konsequent umsetzen.

Was haben Sie bisher für Erfahrungen mit agilen Methoden gemacht in Ihrem Unternehmen? Ich bin gespannt auf Ihre Rückmeldungen in diesem Blog.

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